AI Stakeholder Forum – Beitrag zum KI-Monitor 2025

Nutzung, Chancen und Herausforderungen von KI in Österreich

Das AI Stakeholder Forum besteht aus verschiedensten Verbänden und Interessensvertretungen und soll einen lebendigen und aktiven Austausch zwischen Bundesregierung und Österreichs diversen Stakeholdern im Bereich KI verstärken. Mit dem Beitrag des AI Stakeholderforums zum KI Monitor werden Nutzung, Chancen und Herausforderungen mit einem Rückblick auf 2024 und einem Ausblick auf 2025 beleuchtet.

1. Nutzung

Entwicklungen im Zusammenhang mit Wirtschaft und Industrie sowie mit Kompetenzen wurden 2024 vom AI Stakeholder Forum besonders stark hervorgehoben. Erhöhtes Augenmerk erhielt generative KI bzw. Large Language Models (LLM) sowie der AI Act und dessen Umsetzung in Standards. Für die Entwicklung und den Einsatz von KI wurde die Einbindung von Betroffenen betont, um Inklusion und Trustworthy AI sicherzustellen. Mangelnde technische Infrastrukturen wie etwa digital souveräne Open Source Modelle, Daten oder Rechenleistung, sowie der Bedarf an energieeffizienten KI-Modellen wurden außerdem festgehalten.

Während die Nutzung insgesamt als noch gering wahrgenommen wird, wird auch der Anstieg der Nutzung (von 10,8% im Jahr 2023 auf 20,3% im Jahr 2024) durch Unternehmen thematisiert. Besonders bei KMU und in der Industrie wurde eine verstärkte Nutzung beobachtet. In der Industrie wurden mit Mustererkennung und Robotik zwei wesentliche Technologien genannt, die zur verstärkten Nutzung beitragen können. Beiträge zu dieser verstärkten Nutzung könnten u.a. durch die Test-before-Invest Förderungen oder von Projekten wie etwa dem agrifoodTEF entstanden sein.

Besonders deutliche Gegensätze sieht das AI Stakeholder Forum zwischen der noch geringen Nutzung von KI durch Unternehmen und dem hohen Potenzial für KI-Technologien. Das hat auch Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung, wo besonders hohe Gefälle zwischen dem Marktpotenzial für nichteuropäische Unternehmen und für europäische Unternehmen identifiziert wurden. Diese Dynamik wird verstärkt durch die Abwanderung von KI-Start-Ups und die Investitionsdynamik, welche vor allem von großen Big Tech Unternehmen getrieben wird. Es ergeben sich allerdings auch Chancen für die Entwicklung von europäischen Alternativen, vor allem durch  abnehmende scaling laws und durch die ab 2025 zu erwartende abflauende Aufmerksamkeit für das Thema KI.

Im Bereich Kompetenzen wurden einerseits mangelnde Grundkompetenzen (Lesen, Schreiben, Programmieren) bei Studierenden identifiziert. Gleichzeitig wurde differenziert zwischen Basiskompetenzen und Fachkompetenzen von Personen, welche beide gefördert werden sollten, und zwischen Kompetenzen von Organisationen (z.B. Entwicklung einer KI-Richtlinie oder interner KI-Strategie). Obwohl die Nutzung z.B. von LLMs ansteige, fehle trotzdem noch oft ein Verständnis dafür, wie diese Technologien funktionieren.

2. Chancen

Künstliche Intelligenz bietet nach Einschätzung des AI Stakeholder Forums eine Vielzahl von Chancen für die Gesellschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Forschung, Bildung und Kultur. Österreich solle dabei als KI-Hotspot im Herzen Europas positioniert werden und eine Vorreiterrolle einnehmen. Besonders der Einsatz von KI in Bereichen wie dem Sozialwesen kann als wichtiger Baustein beispielweise für mehr Selbstbestimmung, Chancengleichheit und Inklusion dienen. Im Bereich der Gesundheitsvorsorge und der Unterstützung von Menschen mit Behinderungen kann KI die Lebensqualität erheblich verbessern. Auch in der Verwaltung ergeben sich neue Möglichkeiten, etwa durch effizientere, einfachere und bessere Serviceleistungen für Bürgerinnen und Bürger.

Die rasanten technologischen Entwicklungen dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Eine starke Forschungslandschaft in Österreich kann den Wissenstransfer zur Wirtschaft für marktfähige Produkte unterstützen. Partnerschaften zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen sollen dabei unterstützt werden. Die Entwicklung und Anwendung neuer mulit-modaler LLMs, die intelligente Nutzung von EdgeAI und Cloud spielen dabei auch eine zentrale Rolle. Neue Entwicklungen, wie xLSTM aus Linz, sowie die Weiterentwicklung im Bereich LLMs durch die Kombination mit Retrieval Augmented Generation (RAG) Methoden sowie von KI-Agenten stellen weitere vielversprechende Anwendungen dar. Die dafür notwendigen Daten (z.B. aus der Industrie) können durch Datenräume bereitgestellt werden. 

Aus der Perspektive der Wirtschaft ergeben sich Potenziale im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivitätssteigerung. Durch Automatisierung, Prozessoptimierung sowie personalisierte Produkte können neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen für Unternehmen entstehen, welche z.B. auch über den KI-Marktplatz einfacher aufgefunden werden können. Das Interesse der Wirtschaft KI zu implementieren sei in den letzten Jahren zudem stark gewachsen (sprunghafter Anstieg in AT in der jährlichen DESI-Befragung). Für Startups sei es wichtig ausreichend Zugang zu Risikokapital und Rechenleistung zu haben, wie sie z.B. durch gezielte Innovationsförderungen und eine AI Factory (europäische Initiative zur Bereitstellung von Rechenleistung, Daten und qualifiziertes Personal) in Österreich erreicht werden könnte. Im Bildungsbereich ist der Ausbau von KI-Kompetenzen („AI Literacy") essentiell. Die Aus- und Weiterbildung im Bereich KI solle dabei auf allen Stufen forciert werden. Der gezielte Einsatz von LLMs im Unterricht kann auch dazu beitragen Schüler im Umgang mit diesen Technologien zu stärken.     

3. Herausforderungen

Schwerpunkte des AI Stakeholder Forums lagen im Bereich der Herausforderungen auf den gesellschaftlichen Implikationen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Im Bereich Infrastruktur wurde neben fehlenden Supercomputerkapazitäten auch fehlende Datenräume in Österreich erwähnt. Im Zusammenhang mit Datenräumen wurde außerdem aufgezeigt, dass die Verwendung von Inhalten ohne Zustimmung oder Vergütung für die Entwicklung von (generativen) KI-Modellen erfolge. Gleichzeitig zeigen sich Sorgen um den Umweltfußabdruck von KI-Technologien (von Hardware bis zu Energie- und Wasserverbrauch), dem durch Green AI Initiativen begegnet werden muss.

Der Mangel an kritischem Denken, Verlust an menschlicher Würde und Integrität sowie Gefahren für die Demokratie (u.a. durch Fake News) wurden unter den gesellschaftlichen Implikationen am höchsten priorisiert. Dazu gehörten Themen wie Bias bzw. Verzerrungen, welche zu Ausgrenzung von Minderheiten führt, aber auch Überwachung (auch am Arbeitsplatz), Vertrauensverlust in Informationen, oder neue Kluften zwischen arm und reich. Menschliche Mitwirkung durch Aufsicht, Mitgestaltung und auch (betriebliche) Mitbestimmung unter Einbindung von marginalisierten Gruppen (etwa Menschen mit Behinderungen oder Frauen) werden als Lösungen vorgeschlagen, gemeinsam mit Maßnahmen im Bereich Cybersecurity und zur Stärkung der Rechenschaft. Um diese Herausforderungen zu adressieren, sind Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Bereich IT und KI sowie zur Unterstützung der betrieblichen Mitbestimmung bei der Einführung von KI-Systemen notwendig. Nicht zuletzt wurde auch hier Herausforderungen beim Zugang zur Finanzierung bzw. ein Mangel an Förderungen beklagt, welcher sich auch durch mangelndes Risikokapital ausdrückt.

Im Bereich Wirtschaft wurden primär der Aufholbedarf bei der Nutzung von KI-Technologien sowie Entwicklungen im Zusammenhang mit digitaler Souveränität thematisiert. Einerseits sinke die Bereitschaft, KI-Projekte umzusetzen, u.a. aufgrund von mangelnden Use Cases aber auch steigenden Kosten (auch für Daten), welche die Leistbarkeit und Skalierbarkeit von KI-Projekten vor allem für KMU beeinträchtigen. Schwierig wird auch gewertet, dass der Hype rund um das Thema KI im Jahr 2024 zu enttäuschten Erwartungen im Jahr 2025 führen wird. Zusätzlich werden Ängste - insbesondere zum Arbeitsplatzverlust - durch fehlendes Wissen und (technische) Kompetenzen sowohl von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden verstärkt. Niederschwellige Wissens- und Umsetzungsangebote wie das KI Mobil Austria könnten hierbei Abhilfe schaffen.

Wiederkehrende Bedenken gab es zu den Wettbewerbsverzerrungen zwischen Big Tech Konzernen und europäischen bzw. österreichischen Unternehmen, welche sich auch auf die Beziehungen zwischen Staaten auswirken. Bedenklich wird auch gesehen, dass Big Tech Konzerne die KI-Agenda dominieren.  Der Mangel an Großunternehmen in Österreich im Bereich KI als Ökosystem-Treiber und das Ungleichgewicht zwischen Firmen in Bezug auf Zugang zu Daten und Infrastruktur werden dabei kritisch gesehen. In diesem Zusammenhang wurde auch Datensouveränität hervorgehoben.

Hingewiesen wurde außerdem im Bereich Kompetenzen auf den strukturell gewerteten Fachkräftemangel im Bereich KI, u.a. aufgrund einer stagnierenden Anzahl von IKT-Absolventinnen und Absolventen. Abhilfe schaffen könnte die Rekrutierung von internationalen KI-Forschenden und -Entwicklerinnen und Entwickler, neben der Integration von KI auch außerhalb des Informatik-Kernbereichs, etwa durch OCG Module zu Robotik und KI und der Ausbildung von Fachkräften für die Interaktion mit KI-Systemen (begleitend zur Entwicklung und Umsetzung von KI-Technologien).

Im rechtlichen Bereich wurden die Umsetzung von Anforderungen des AI Acts und das Thema Governance bzw. institutionelles Design von Behörden hervorgehoben. Komplexe Regulierung mit Interaktionen zwischen Urheberrecht, Datenschutz und Produkt- sowie Cybersicherheit stellen eine Herausforderung für Unternehmen und Bildungseinrichtungen dar, aber auch für Behörden, welche gut abgestimmt zusammenarbeiten müssen.

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