Perspektiven einer Digi-Dolmetscherin - ein Erfahrungsbericht
Ute Grinschgl, Digi-Dolmetscherin der Marktgemeinde Gratkorn (dritte von links) bei einem von ihr im Zuge der "Digital Überall"-Initiative organisierten Digi-Treff für Seniorinne und Senioren.
Seit April 2024 ist Frau Ute Grinschgl bereits als Digi-Dolmetscherin der Marktgemeinde Gratkorn tätig. Im folgenden Interview berichtet sie von ihren Erfahrungen mit "Digital Überall", über die positiven Auswirkungen dieser Initiative auf die Gemeinde sowie den bereits etablierten Digi-Treff für Seniorinne und Senioren zur Förderung der digitalen Teilhabe.
Frau Grinschgl, wie haben die Bürger/innen der Marktgemeinde Gratkorn auf die Digital Überall-Bildungsangebote reagiert?
Ute Grinschgl: "Die Bildungsangebote stoßen bei den Bürgerinnen und Bürgern auf durchwegs positive Resonanz. Oft sind sie überrascht, wie viel sie aus den Workshops mitnehmen können. Besonders im Bereich der inklusiven Bildung haben wir mit der Tageswerkstätte von Lebensgroß eine verlässliche Partnerinstitution, die unsere Workshops regelmäßig besucht. Die begleitenden Betreuer/innen übernehmen dabei eine wichtige Rolle als Multiplikator/innen, indem sie das neu erworbene Wissen in ihren Fachbereich weitertragen."
Gab es zu Beginn Vorbehalte oder Hindernisse, die überwunden werden mussten?
Ute Grinschgl: "Die Marktgemeinde Gratkorn als Digital-Partner/in ist froh darüber, dass es solche kostenlosen Angebote gibt und wir diese unseren Bürgerinnen und Bürgern in unserem neuen Haus im Park anbieten können. Vorbehalte oder Hindernisse gab es keine. Eine Digi-Dolmetscherin war mit mir rasch gefunden, da ich früher als IT-Technikerin gearbeitet habe und mir das Thema Digitalisierung äußerst wichtig erscheint."
Welche Herausforderungen gab es bei der Einführung der Digital Überall Workshops in Ihrer Gemeinde? Und wie wurden diese gelöst?
Ute Grinschgl: "Zu Beginn stellten wir uns die Frage, wie wir effektiv mit den Zielgruppen zusammenarbeiten können, um die richtigen Angebote anzubieten. Der direkte Austausch mit Entscheidungsträger/innen lokaler Vereine erwies sich als Schlüssel, um einen großen Teil der Bevölkerung auf unsere Angebote aufmerksam zu machen. Dennoch haben wir festgestellt, dass es schwierig ist, Menschen mit Migrationsgeschichte zu erreichen – hier fehlt uns eine zentrale Vertrauensperson aus der Community, die als Brücke fungieren könnte."
Welche Strategien haben sich bei Ihnen bewährt, um die Bürger/innen Ihrer Gemeinde für die Digital Überall Workshops zu begeistern?
Ute Grinschgl: "Entscheidungsträger/innen identifizieren und gemeinsam mit ihnen gezielt für die Angebote innerhalb der Zielgruppe werben – sei es durch Aushänge an Bushaltestellen, in Cafés und Supermärkten oder über die Social-Media-Kanäle der Gemeinde. Zudem sollten verstärkt niederschwellige, individuell angepasste Formate angeboten werden, insbesondere für ältere Menschen. Nicht zuletzt trägt eine regelmäßige Durchführung der Workshops dazu bei, das Gelernte nachhaltig zu festigen und Digitalisierung als Ganzes für die Bürgerinnen und Bürger sichtbarer zu machen."
Welche Tipps würden Sie anderen Digi-Dolmetscher/innen gerne geben, die gerade erst starten?
Ute Grinschgl: "Eine Umfrage durchführen, um die Bedürfnisse in der Gemeinde zu erfassen – es muss nichts Aufwendiges sein, ein einfaches Microsoft Forms reicht aus, um Ressourcen effizient zu nutzen. Aus diesem Grund haben wir uns auch mit unserer Nachbargemeinde Gratwein-Straßengel abgestimmt, um doppelte Angebote zu vermeiden. Ein regionales Überangebot wäre wenig zielführend, insbesondere wenn es darum geht, die Mindestteilnehmer/innenzahl für die Workshops zu gewährleisten."
Zum Digi-Treff, wie ist die Idee des Digi-Treffs entstanden und wie wurde sie in Gratkorn umgesetzt?
Ute Grinschgl: "Da nowa bereits als Kooperationspartnerin der Marktgemeinde Gratkorn tätig war, haben wir mit den Verantwortlichen über mögliche Workshopformate für Senior/innen gesprochen. So entstand aus dem Digi-Treff für Senior/innen der Digi-Brunch – ein Format, bei dem wir nicht nur digitale „Wissenshappen“ vermitteln, sondern unseren Senior/innen auch ein kostenloses Frühstück anbieten."
Gab es hier im Vorfeld einen konkreten Bedarf oder eine Initiative aus der Gemeinde?
Ute Grinschgl: "Als Gemeinde haben wir uns mit verschiedenen Stakeholdern, wie örtlichen Senior/innenverbänden, abgestimmt, um den Bedarf zu ermitteln. Zusätzlich haben wir eine Umfrage durchgeführt, in der wir unter anderem die digitalen Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung erfasst haben."
Welche Faktoren haben dazu beigetragen, dass der Digi-Treff so erfolgreich angenommen wurde?
Ute Grinschgl: "Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zeigen, dass sie es sehr schätzen, dass auf individuelle Anliegen eingegangen wird und kein klassischer Frontalunterricht stattfindet. Gerade für ältere Menschen sind diese Settings stressfreier. Da IT-Gruppen oft ein sehr unterschiedliches Vorwissen mitbringen, besteht sonst die Gefahr, dass wertvolle Zeit ungenutzt bleibt und individuelle Fragen aufgrund von Zeitmangel nicht behandelt werden. Zudem trägt die entspannte Frühstücksatmosphäre dazu bei, die Stimmung aufzulockern, wodurch der Workshop-Charakter in den Hintergrund tritt und sich die Teilnehmenden insgesamt wohler fühlen."
Welche drei wichtigsten Tipps würden Sie anderen Gemeinden geben, die ein ähnliches Angebot aufbauen möchten?
Ute Grinschgl: "Wichtige Stakeholder und Entscheidungsträger/innen in der Gemeinde identifizieren, die den Zugang zu den Zielgruppen erleichtern. Geeignete Räumlichkeiten finden, die eine angenehme Atmosphäre für die Teilnehmenden schaffen – idealerweise mit der Möglichkeit, kleine Verköstigungen anzubieten. Besonders Digitalangebote in den Fokus rücken, die sowohl die Gemeindeverwaltung entlasten (z. B. Digitales Amt) als auch digitale Inhalte vermitteln, die direkt von der Gemeinde angeboten werden (z. B. Buchungsplattformen für Workshops oder Kulturveranstaltungen). So können Bürgerinnen das Gelernte unmittelbar in der Praxis anwenden, das eine WIN-WIN-Situation für die Gemeinde und ihre Bewohnerinnen und Bewohner darstellt."
Dieser Erfahrungsbericht zeigt eindrucksvoll, wie gut die Initiative "Digital Überall" sowie die organisatorische Arbeit der Digi-Dolmetscher/innen angenommen wird. Wir danken Frau Grinschgl für ihre wertvollen Einblicke und wünschen der Marktgemeinde Gratkorn viel Erfolg bei der Förderung digitaler Teilhabe.